Welche Rolle spielt das FiBL im Bioland Österreich?
Andreas Kranzler: Seit der Gründung vom FiBL Österreich hat der Biolandbau hierzulande flächenmässig um einen Drittel zugenommen und bestellt heute über ein Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Wir haben sicher einen Anteil an dieser Entwicklung und sind ja auch selbst grösser geworden. Mittlerweile sind wir fast 40 Mitarbeitende. Es war von Anfang aber klar, dass wir uns neben der etablierten Forschungstätigkeit an der Universität für Bodenkultur (BOKU) oder der Beratungsaktivitäten der Bioverbände eine Nische suchen mussten – und die fanden wir in der praxisbezogenen Forschung. Das ist unser Feld. Heute sind wir in den Fachbereichen Pflanzenbau, Biodiversität und Nachhaltigkeit organisiert. Wir haben uns auch als Schnittstelle zwischen Forschung, Praxis, Beratung und Politik etabliert und arbeiten beispielsweise eng mit den Landwirtschaftskammern der jeweiligen Bundesländer zusammen. Mit interdisziplinären Ansätzen, praxisnahen Projekten und politischer Einbindung tragen wir direkt zur Entwicklung des Biolandbaus in Österreich bei.
Sie haben das FiBL Österreich 2004 mitgegründet. Woher kam der Anstoss?
Anders als in der Schweiz, kam der Anstoss zwar aus der Wissenschaft, die Intention war aber, der Praxis möglichst rasch Ergebnisse zur Verfügung zu stellen. Am FiBL in der Schweiz habe ich damals gesehen, wie die Kenntnisse aus der Forschung direkt zur Beratung gehen, das wollte ich auch. Wir haben dann für ein Merkblatt zu Hochstammbäumen ein erstes Netzwerk unter Pflanzgutproduzent*innen aufgebaut, dass sich dann auf Landwirt*innen und Berater*innen ausgeweitet hat. Die haben gesagt, ein FiBL in Österreich zu gründen, finden wir spannend. Die Gründungsversammlung fand dann in einem vegetarischen Lokal in Wien statt, wo auch viele Bäuer*innen kamen. Es war von Anfang an klar, dass wir praxisnah sein wollen.
Seit 2011 ist das Biokompetenzzentrum Schlägl im Mühlviertel nahe der tschechischen Grenze Teil des FiBL Österreich. Wie kam es zu diesem relativen abgelegenen zweiten Standort in Oberösterreich?
Das Kompetenzzentrum Schlägl verbindet Wissenschaft, Landwirtschaftsbetriebe und eine Bioschule für Landwirt*innen und setzt wichtige Projekte wie die Erhaltungszüchtung des Schlägler Roggen um. Die Zusammenarbeit kam damals mit dem Direktor Johann Gaisberger zustande und folgte dem Wunsch des oberösterreichischen Landesrats, der ein Kompetenzzentrum im Mühlviertel aufbauen wollte. Das Zentrum ist Anlaufstelle für Bäuer*innen und sorgt dafür, dass Forschungsergebnisse direkt den Lehrkräften und Lernenden vor Ort zugänglich werden. Zurzeit arbeiten sechs Personen am Kompetenzzentrum. Die Aussenstelle ist weitgehend selbstständig und vor allem auch sehr regional aktiv – in einer Gegend mit einer sehr hohen Dichte an Biobetrieben.
In welchen Bereichen arbeitet FiBL Österreich mit den Instituten der FiBL Gruppe zusammen?
Zurzeit läuft die Zusammenarbeit im Projekt MINAGRIS mit dem FiBL in der Schweiz, wo die Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik in Landwirtschaftsböden untersucht werden. Es gibt auch einen Austausch in dem Bereich Nachhaltigkeit und vor allem früher auch im Bereich Ackerbau. Theresia Markut arbeitet am FiBL Österreich seit vielen Jahren zu Agroforst und pflegt auch Kontakte zur Themenkoordination Agroforst am FiBL in der Schweiz. Das ist aber sicher ausbaufähig. Mit FiBL Frankreich gab es punktuelle Zusammenarbeiten im Zusammenhang mit Lavendelanbau. Ich beobachte, dass es unter den älteren Mitarbeitenden mehr Austausch gab, unter den jüngeren Generation hat das stark abgenommen. Ich denke, wir müssen uns der Frage stellen, wie wir das wieder ins Laufen bringen. Das würde Hand in Hand mit gegenseitiger Unterstützung gehen und Chancen für die beruflichen Netzwerke unter den Mitarbeitenden bieten.
In welche Richtung will sich das FiBL Österreich weiterentwickeln?
Inhaltlich gehen wir da bereits beschrittene Wege im Bereich Sonderkulturen, Agroforst oder klimaangepasste Landwirtschaft weiter. In Versuchen für das Bionetz Lichtenstein haben wir Landwirt*innen unterstützt, neue Kulturen auszutesten und daraus Produkte zu entwickeln. In das Projekt waren auch Konsument*innen eingebunden. Den Ansatz finde ich spannend, nicht nur Sortenversuche zu machen, sondern sie auch zu verarbeiten und im Hofladen und beim Bäcker zu haben. In der Richtung biologische und nachhaltige Lieferketten sehe ich Potenzial, vom Feld zum Teller. Ich persönlich würde gerne wieder vermehrt Konsument*innen in unsere Projekte mit einbinden. Strategisch bemühen wir uns weiter um eine starke Präsenz in der Politik und auch medial.
Interview: Jeremias Lütold, FiBL
Weitere Informationen
Kontakt
Links
- fibl.org: FiBL Österreich
- bioaktuell.ch: Aktuelle Ausgabe (für Abonnenten mit Login)