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Genetischer Hintergrund der Kuh beeinflusst Proteinverdauung der Milch

Kühe mit Hörnern.

In einer Studie wurde untersucht, ob sich die Milch von behornten und enthornten Kühen in ihrer Zusammensetzung unterscheidet. (Foto: Agroscope, Anna Reiche)

Forschende von FiBL, Agroscope und Qualitas AG haben auf Agrarforschung Schweiz kürzlich den Artikel "Genetischer Hintergrund A1/A2 der Kuh beeinflusst Proteinverdauung der Milch, nicht aber der Hornstatus" veröffentlicht. Agrarforschung Schweiz ist eine Open-Access-Publikation von Agroscope, der Beratungszentrale Agridea, des FiBL Schweiz und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL.

Die Auswirkungen des Hornstatus (Be- oder Enthornung) von Kühen und des β-Casein-Genotyps auf die Zusammensetzung und Qualität der Milch werden kontrovers diskutiert. Beispielsweise wird immer wieder, besonders in biodynamischen Kreisen, deklariert, dass die Milch von behornten Kühen besser verdaulich und gesünder sei als die von hornlosen Kühen, trotz fehlender wissenschaftlicher Grundlage.

A1- und A2-Milch: Der Einfluss des Genotyps

In ihrem Erbgut tragen Kühe unterschiedliche Gene, die bestimmen, welche Milchproteine (=Eiweisse) sie produzieren. Die genetischen Varianten des Milchproteins β-Casein, die bisher identifiziert wurden, umfassen zwölf Varianten, wobei die Varianten A1 und A2 die Häufigsten und Bekanntesten sind. Die zwei Varianten unterscheiden sich in der Aminosäuren-Position 67 des Proteins. Eine Kuh kann eine von drei genetischen Varianten tragen und damit einem von drei β-casein-Genotypen zugeordnet werden: A1A1, A1A2 oder A2A2. Vor allem die Auswirkungen der Variante A1 auf die menschliche Verdauung wird unter Wissenschaftlern zurzeit kritisch diskutiert.

Untersucht wurde in dieser Studie*, ob sich die Milch von behornten und enthornten Kühen in ihrer Zusammensetzung unterscheidet und ob die Milch unterschiedlich verdaut wird. Dies aufgrund früherer, wenn auch methodisch limitierter, Studien, die einen Einfluss der Enthornung auf Milchinhaltsstoffe nahelegten. Einer der wohl am kontroversesten diskutierten Faktoren, der die Milchverdauung beeinflussen könnte, ist die genetische Variante des Milchproteins β-Casein. Um deren Einfluss auszuschliessen bzw. auch zu untersuchen, wurden genetische Varianten des β-Caseins ebenfalls berücksichtigt. Analysiert wurden 128 Milchproben von 64 behornten und 64 enthornten Brown-Swiss- und Original-Braunvieh-Kühen, die jeweils eine von drei genetischen Varianten des β-Casein (A1A1, A1A2 und A2A2) trugen. Die Einflüsse des Hornstatus und der genetischen β-Casein-Variante auf die detaillierte Milchzusammensetzung und Milchproteinverdauung wurden unabhängig voneinander in In-vitro-Experimenten, die die menschliche Verdauung simulieren, getestet.

Von der groben Milchzusammensetzung bis zur einzelnen Aminosäure

In allen Milchproben wurden die Haupt- und Nebeninhaltsstoffe der Milch quantifiziert. Anschliessend wurden die Milchproben in vitro verdaut und auf verschiedenen Ebenen, von den grossen Proteinen bis hin zu ihren Bausteinen, den kleinsten Peptiden und Aminosäuren, analysiert.

Es wurden keine Unterschiede in den Hauptinhaltsstoffen der Milch, dem Fettsäuremuster, den wichtigsten Milchproteinen und freien Aminosäuren gefunden – weder zwischen be- und enthornten Kühen noch zwischen solchen mit verschiedenen Varianten des β-Casein. Die β-Casein-Variante beeinflusste jedoch das Verdauungsmuster (Peptidmuster) von β-Casein im Magen. Die Abweichungen zeigten sich genau an den Stellen der Aminosäurenkette auf, an denen sich die A1- und A2-Variante des β-Caseins unterscheiden. Diese Differenzen glichen sich jedoch nach der Dünndarmpassage wieder aus. Ob sich die Unterschiede auf die menschliche Verdauung und das Wohlbefinden auswirken, bedarf weiterer Untersuchungen. Vom Hornstatus war die Verdaulichkeit der Milch in dieser Studie nicht beeinflusst. Dies trotz des Einsatzes extrem sensibler Methoden, welche eindeutig den Unterschied zwischen Milch von Kühen mit genetischem Unterschied im β-Casein aufzeigen konnten, welcher auf einer einzigen Aminosäure basiert, also einem winzigen Detail in der gesamten Milchzusammensetzung.

Fazit

  • In der vorliegenden Studie wurden keine Unterschiede in der Milchzusammensetzung und Milchverdauung von be- und enthornten Kühen gefunden.
  • Milch von Kühen mit genetischem Unterschied im β-Casein wird im Magen leicht anders verdaut, jedoch gibt es im Dünndarm keine Unterschiede mehr im Verdauungsmuster. Ob die In-vitro-Ergebnisse für die menschliche Verdauung und das Wohlbefinden relevant sind, muss weiter untersucht werden.

*Die Studie wurde finanziell durch die Stiftung Sur-la-Croix unterstützt.

Autor*innen: Anna-Maria Reiche, María Carmen Martín-Hernández, Charlotte Fleuti, Frigga Dohme-Meier, Hans Dieter Hess, Lotti Egger, Reto Portmann (alle Agroscope), Anet Spengler Neff (FiBL), Beat Bapst (Qualitas AG)

Dieser Artikel und der wissenschaftliche Artikel dazu wurden am 17. April 2025 auf agrarforschungschweiz.ch veröffentlicht. 

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Anet Spengler Neff

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