Seit rund zwanzig Jahren unterstützt das FiBL ukrainische Produzentinnen und Produzenten bei der Umstellung auf Bio und der Vermarktung ihrer Produkte. In dieser Zeit hat sich die Biofläche von 164 000 auf 470 000 Hektaren fast verdreifacht – nicht zuletzt dank der Unterstützung eines FiBL Projektes. Dieses Projekt hat auch dabei mitgeholfen, dass Ende 2023 genau 383 zertifizierte ukrainische Biolandwirtschaftsbetriebe registriert waren. Die Ukraine konnte sich damit als verlässliche internationale Handelspartnerin für Bioprodukte auch in schwierigen Zeiten positionieren.
Biogesetz – mitten im Krieg
Die gute Neuigkeit zuerst: Die Ukraine hat 2024 ihre nationale Biogesetzgebung umgesetzt. Sie ist nun mit der EU- und der Schweizer Gesetzgebung kompatibel. Für die Ukraine erleichtert das die Verhandlungen mit der Europäischen Union.
Weitere Meilensteine in den Jahren 2023 und 2024 waren die Einführung des staatlichen Registers für Biozertifizierungsstellen und Biolandwirtschaftsbetriebe sowie das nationale Logo für biologisch erzeugte Produkte. Das FiBL hat die Ausarbeitung der Biogesetzgebung fachlich unterstützt und den Ideenwettbewerb für das Logo begleitet.
Finanzhilfe für mehr Widerstandskraft
Im Rahmen des durch das SECO geförderten Projekts konnte das FiBL Ende 2024 rund vierzig Biobetriebe, die Hälfte davon durch Frauen geführt, mit einem Nothilfekredit von insgesamt 90 000 Franken unterstützen. Die Unterstützung zielt vor allem auf die Produktqualität und verbesserte Verpackungen ab. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Biobetriebe. Zudem fördern die Massnahmen eine gesunde Ernährung, auch in Kriegszeiten.
Trotz Krieg fünftgrösste Bioexporteurin
Ungeachtet des Krieges war die Ukraine 2024 die drittgrösste Exporteurin von Bioprodukten in die EU. Die Ukraine produziert und exportiert weiterhin auf hohem Niveau. Derzeit unterstützt das FiBL die ukrainischen Bioproduzentinnen und Bioproduzenten verstärkt im Bereich Export. Dazu gehört ihre Teilnahme an internationalen Handelsmessen, insbesondere der Biofach in Nürnberg, der Anuga in Köln, der Sial in Paris und der Gulfood in Dubai. So können die ukrainischen Biobetriebe ihre Produkte einem internationalen Publikum präsentieren, den Kontakt mit bestehenden Abnehmern pflegen und neue Märkte erschliessen.
Es mangelt an Arbeitskräften
Zu den grössten Herausforderungen für die ukrainische Biolandwirtschaft gehören die kriegsbedingt fehlenden Arbeitskräfte in der Produktion und der Verarbeitung. Auch die beschädigte Infrastruktur (Stromausfälle, ramponierte oder unterbrochene Transportwege usw.) und eine Kostenexplosion schaffen enorme Schwierigkeiten.
Kaufkraft und Umsatz nehmen ab
Ende 2021, kurz vor Beginn des russischen Angriffskriegs, betrug der Umsatz mit biologischen Produkten auf dem ukrainischen Heimmarkt rund 33 Millionen US-Dollar. Aufgrund der Kriegssituation ist der Umsatz stark zurückgegangen. Wesentliche Gründe hierfür sind der migrationsbedingte Bevölkerungsrückgang und die stark gesunkene Kaufkraft der ukrainischen Bevölkerung, die im Jahr 2024 ganze 85 Prozent unter dem EU-Durchschnitt lag.
Das Exportvolumen von Bioprodukten ist zwischen 2021 (261 000 Tonnen) und 2023 (198 000 Tonnen) um fast 25 Prozent eingebrochen. Wertmässig beträgt der Rückgang rund 37 Prozent, von 222 Millionen US-Dollar im Jahr 2021 auf 141 Millionen US-Dollar im Jahr 2023. Ob sich die Ukraine 2025 unter den drei grössten Exporteuren von Bioprodukten in die EU behaupten kann, bleibt abzuwarten.
Autor: Tobias Eisenring.
Dieser Beitrag ist im aktuellen FiBL Tätigkeitsbericht erschienen.
Weitere Informationen
Kontakt
Links
- fibl.org: Tätigkeitsbericht 2023/2024
- qftp.org: Website "Quality Trade Food Program"
- fibl.org: Podcast "After three years of war: A FiBL mission to Ukraine"
- youtube.com: Video "Bio-Handel in Zeiten des Krieges: Rolle der Frauen bei der ukrainisch-schweizerischen Zusammenarbeit" (englisch)
Finanzierung des Quality Food Trade Program
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)