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Dümpelt der Schweizer Biolandbau am Markt vorbei?

Das österreichische Landwirtschaftsministerium meldete dieser Tage die neusten Zahlen zum Biolandbau. Bereits 18,5 % der landwirtschaftlichen Fläche wurden im Jahr 2009 biologisch bewirtschaftet. Tendenz weiter steigend. Das vor acht Jahren von der Regierung gesetzte Ziel, ein Fünftel biologisch zu bewirtschaften, kann nach Einschätzung des zuständigen Referatsleiters tatsächlich 2010 erreicht werden. Denn gemäss den Anmeldungen steht in Österreich eine neue Umstellungswelle an.

In der Schweiz dagegen dümpelt der Biolandbau seit Jahren bei rund 11 % der Bauern und der Fläche. Gemäss der Branchenorganisation Bio Suisse wuchs dagegen der Biomarkt im letzten Jahr um sage und schreibe 7% auf 1,545 Milliarden Franken. Besonders auffällig ist das Wachstum bei Biofleisch (+16,8 %) und -fisch (+34,6 %) sowie bei den Convenience-Produkten (+8,3 %). Damit ist der Biomarkt zu einer absoluten Ausnahmeerscheinung in der krisengebeutelten Schweizer Wirtschaft geworden.

Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard besuchte am 26. März den österreichischen Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich. Ob sie dabei auch das österreichische Biowunder studiert hat? Oder ob sie die österreichischen Bauern angeregt hat, ihr Qualitätsprodukte vermehrt in die Schweiz zu exportieren, da die Schweizer Konsumenten immer mehr Bio essen, aber die Bauern nicht mehr Bio anbauen?

Vierzehn Tage zuvor, am 16. März, hat der Ständerat die Motion von Nationalrätin Maya Graf, den Biolandbau stärker zu fördern, abgelehnt, nachdem der Nationalrat diese zuvor unterstützte und dafür sogar 50 Millionen Franken aus dem Konjunkturprogramm freimachen wollte. Die Mehrheit der Räte lehnte staatliche Interventionen zugunsten des Biolandbaus ab und wollte die Schweizer Regierung auch nicht auf Ziele wie z.B. 20 % Bioanteil festlegen lassen. Offenbar traute sich das Schweizer Parlament nicht zu, was Österreich spielend schaffte.

Das Angebot an Lebensmitteln in der Schweiz ist durch die Direktzahlungen an die Landwirte und durch zahlreiche weitere Massnahmen des Bundes und der Kantone stark verzerrt. Dass es in der Schweiz viel zu wenig Biobauern gibt, hat deshalb auch etwas mit der Politik und den Zielen zu tun, welche sich das Bundesamt für Landwirtschaft setzt. Von Österreich können wir viel lernen!

Nie war der Biomarkt in der Schweiz dynamischer als jetzt. Die Migros, im Bereich der Bioprodukte mit 25 % Anteil am Biomarkt nur Nummer 2 – eine gewöhnungsbedürftige Position – will mit einem neuen Marketingkonzept und mit viel Information auf- und überholen. Doch die Coop, seit 15 Jahren der weltgrösste „Bioladen“, wird sich wohl nicht so schnell die Spitzenposition mit 50 % des gesamten Biomarktes in der Schweiz nehmen lassen. Und auch der Billigdiscounter Aldi versucht zu meiner Überraschung nicht nur mit Swissness, sondern auch mit Bio die Herzen der Schweizer Konsumenten zu gewinnen.

Die aktuelle Marktdynamik wird die Importe von biologischen Produkten weiter anwachsen lassen und droht an den Schweizer Bauern vorbeizugehen. Es braucht dringend eine Biooffensive, um eine neue Umstellungswelle auch in der Schweiz zu erzeugen. Eine solche wird zurzeit von Bio Suisse, vom FiBL und von der Beratungszentrale Agridea vorbereitet. Ob dies schon reicht? Die Umstellung auf Bio braucht Mut zum Risiko und ist auch heute noch sehr anspruchsvoll. Etwas mehr Rückenwind aus Bern wäre willkommen.

Urs Niggli, 29.3.2010, 9:35 Uhr

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Urs Niggli, Direktor FiBL