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Sinnig oder unsinnig? Biolandbau in Entwicklungsländern

Beate Huber ist Leiterin des Departements für Internationale Zusammenarbeit am FiBL Schweiz und leitet die Langzeit-Systemvergleiche SysCom in den Tropen. (Foto: Marion Nitsch)

Gurbir Singh Bhullar leitet die Langzeitversuche zur Baumwolle. (Foto: Marion Nitsch)

FiBL Forscherin Irene Kadzere arbeitet an Wissenszentren zum biologischen Landbau und Forschungsprojekten in Afrika. (Foto: Marion Nitsch)

Monika Schneider leitet die Langzeitversuche zu Kakao und Agroforstwirtschaft in Bolivien. (Foto: Marion Nitsch)

Was halten kenianische Bäuerinnen von Bio? Warum sollte Kakao in Agroforstsystemen wachsen? Ein Gespräch mit vier Forschenden des FiBL über die Möglichkeiten und Grenzen des Biolandbaus in Entwicklungsländern.

Was bringt Bio in den Tropen?  

Beate Huber: Mit unseren Daten aus Kenia, Indien und Bolivien können wir klar sagen: Die wirtschaftliche Sicherheit der Landwirtinnen und Landwirte in den Tropen kann im Biolandbau durchaus gleich hoch sein wie im konventionellen Anbau. Ausserdem zeigt der Biolandbau deutliche Vorteile, wenn man weitere Faktoren wie Umweltschutz oder Lebensmittelsicherheit berücksichtigt. Wenn aber nur das Minimum innerhalb der Biolandbaustandards umgesetzt wird, gehen die Vorteile des Biolandbaus verloren und die Erträge sind in der Regel deutlich schlechter. Denn die Leistung und der Umweltnutzen eines Systems werden umso besser, je mehr die Kräfte der Natur genutzt werden. Dass also zum Beispiel mehr verschiedene Kulturen angebaut werden, die aufeinander abgestimmt sind, und mehr Biodiversität vorhanden ist.  

Gurbir Bhullar: Ein Beispiel dafür ist unser neustes Projekt in den Philippinen. Die Gegend war eine wunderschöne bewaldete, hügelige Region. Heute ist die Gegend gerodet und unter hohem Chemieeinsatz in eine konventionelle Maismonokultur umgewandelt worden. Innert weniger Jahre ist der Boden erodiert, das lokale Trinkwasser ist mit Chemikalien belastet. Diese Chemikalien würden zwar mit Bio verschwinden. Doch genügt es in diesem Fall nicht, wenn einfach auf biologisch angebauten Mais umgestellt wird. Es muss das gesamte System geändert werden, es braucht zum Beispiel Permakultur, Agroforstwirtschaft oder andere agrarökologische Systeme.   

Ist Agroforstwirtschaft das neue Bio?

Monika Schneider: Das ist ein guter Punkt, insbesondere bei Kulturen wie Kakao oder Kaffee. Da wären Agroforstsysteme relativ leicht umsetzbar, äusserst sinnvoll und auch traditionell. Dennoch ist diese Anbauform nicht in allen Biostandards obligatorisch. Da sind Biolandbauverbände und Biogesetzgeber gefordert, gründlich darüber nachzudenken, ob man die Agroforstsysteme in die Standards aufnehmen oder den Entscheid weiterhin den Produzentinnen und Produzenten überlassen will.

Müssen also neue Biostandards her?

Beate Huber: Das muss bei Kulturen wie Kakao und Kaffee überlegt werden. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass an den meisten Orten die Biostandards nur auf Exportkulturen wie eben Kakao, Kaffee oder Baumwolle einen Einfluss haben. Bio ist jedoch auch für die vielen Kleinbauern wichtig, die oft zu klein für eine Zertifizierung sind. Sie produzieren aber weltweit 80 Prozent der Nahrung. In unseren Projekten arbeiten wir daher fast ausschliesslich mit Kleinbauernfamilien zusammen. Am Ende geht es darum, dass sie genug zu essen haben und ihren Lebensunterhalt besser bestreiten können. Nicht darum, dass sie zertifiziert sind. Man muss schauen, wo der Biolandbau etwas dazu beitragen kann.  

Monika Schneider: Wichtig ist auch, dass der Lebensstandard nicht nur knapp über die von den Ländern definierte Armutsgrenze gehoben wird. Denn das ist nicht genug, um Landwirtin und auch stolz darauf zu sein. In Bolivien setzt die Regierung das Konzept vom "Guten Leben" um, das Einkommen weit über der internationalen Armutsschwelle anstrebt. Dank Biolandbau geht es ihnen noch einmal ein Stück besser. Ausschlaggebend ist vor allem, dass sie gut organisiert sind, etwa in Genossenschaften. Wie im Fall von unserem Partner in Bolivien, El Ceibo. Dort sind die Kakaobauern an der gesamten Wertschöpfung beteiligt und erzielen somit bessere Einkommen.  

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