Diese Website unterstützt Internet Explorer 11 nicht mehr. Bitte nutzen Sie zur besseren Ansicht und Bedienbarkeit einen aktuelleren Browser wie z.B. Firefox, Chrome

Erfolg im Kampf gegen die Saatgutkrise bei Biobaumwolle: Zwei neue Sorten gezüchtet

Eine Bäuerin pflückt Baumwolle

Bäuerinnen und Bauern sind ein integraler Bestandteil des partizipativen Züchtungsprozesses. (Alle Fotos: FiBL)

Ein Forscher im Baumwollfeld

FiBL-Wissenschaftler Tanay Joshi prüft vor Ort, ob das Baumwollsaatgut frei von Verunreinigungen durch gentechnisch veränderte Sorten ist.

Baumwolle

Die neue biologisch gezüchtete Desi-Baumwollsorte "RVJK-SGF-1".

Baumwollfeld

Die neue biologisch gezüchtete amerikanische Baumwollsorte "RVJK-SGF-2".

Gutes Saatgut für biologische Baumwolle war bisher schwer zu finden. Doch jetzt nicht mehr: Über zehn Jahre Züchtung führten zum Erfolg. Es stehen den Landwirt*innen jetzt zwei neue Sorten zur Verfügung. Es sind die ersten Baumwollsorten, die in Indien unter biologischen Bedingungen gezüchtet und staatlich zugelassen wurden. Die Sorten wurden im Rahmen eines dezentralen partizipativen Züchtungsprogramms, in dem das FiBL Schweiz mit verschiedenen Partnern zusammenarbeitet, entwickelt.

In den letzten Jahrzehnten ist es für Landwirt*innen immer schwieriger geworden, qualitativ gutes Saatgut für Biobaumwolle zu erhalten. Einerseits dominiert gentechnisch verändertes Saatgut von Grosskonzernen den Markt und bedroht die Reinheit anderer Sorten. Andererseits sind traditionelle, nicht gentechnisch veränderte Sorten nicht ausreichend entwickelt und erfüllen oft weder die Erwartungen der Landwirt*innen an den Ertrag noch die Erwartungen der verarbeitenden Unternehmen an die Faserqualität.

Die beiden neuen Sorten sind daher ein Erfolg im Kampf gegen die Krise beim biologischen Baumwollsaatgut. Die neuen Sorten wurden unter biologischen Bedingungen gezüchtet und getestet. Es sind die beiden ersten biologisch gezüchteten, gentechnikfreien Baumwollsorten, die in Indien staatlich zugelassen wurden. Sie erhielten am 8. September 2022 grünes Licht vom zuständigen Saatgut-Unterausschuss von Madhya Pradesh, dem indischen Staat, der am meisten Biobaumwolle anbaut. Die zugelassenen Sorten sind ertragreich und erfüllen die Anforderungen an die industrielle Faserqualität. Sie stammen von zwei verschiedenen Baumwollarten ab: von Gossypium arboreum, auch bekannt als Desi Cotton, und von Gossypium hirsutum, eine amerikanische Hochlandbaumwolle. Beide wurden zusammen mit Landwirt*innen unter biologischen Bedingungen gezüchtet und eignen sich für biologische, agrarökologische, regenerative und extensive Anbausysteme.

Zehn Jahre gemeinsame Züchtungsarbeit von Praxis und Forschung

Das Wissen und die Bedürfnisse der Bauernfamilien spiegeln sich in den beiden neuen Sorten wider, die das Ergebnis von über zehn Jahren Züchtungsarbeit im Rahmen des Projekts "Seeding the Green Future" (SGF) sind. Das Projekt ist ein partizipatives Züchtungsprogramm für Biobaumwolle, das Kleinbäuerinnen und -bauern in Indien unterstützt und stark in die Forschung miteinbezieht. "Die neuen Sorten verbessern nicht nur die Agrobiodiversität und die Existenzgrundlage der Kleinbauern. Sie sichern auch ihr Recht, frei zwischen traditioneller Desi-Baumwolle und moderner amerikanischer Hochlandbaumwolle zu wählen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf die Produktivität, Rentabilität oder Qualität ihrer Baumwolle hat", sagt Amritbir Riar, Projektleiter des SGF-Projektes und stellvertretender Leiter des Departments für Internationale Zusammenarbeit am FiBL Schweiz.

Das Hauptziel des Projekts besteht darin, die Verfügbarkeit von gentechnikfreiem Baumwollsaatgut und damit die Integrität der Wertschöpfungskette für Biobaumwolle sicherzustellen. Monika Messmer, Pflanzenzüchterin und stellvertretende Leiterin des Departements für Nutzpflanzenwissenschaften am FiBL Schweiz, sagt dazu: "Das SGF-Projekt konzentriert sich auf die Erhaltung und Nutzung der genetischen Vielfalt. Um gentechnische Verunreinigungen zu vermeiden, ist die Verwendung der einheimischen, robusteren Desi Baumwollsorten eine wichtige Strategie. Diese Arten haben morphologisch andere Blattformen im Vergleich zu den genetisch modifizierten Hybriden und unterschiedliche Chromosomenzahlen. Dadurch ist die Fremdbestäubung extrem selten."

Tanay Joshi, SGF-Projektkoordinator am FiBL, unterstreicht die Bedeutung der partizipativen Züchtung: "Das innovative Modell der Zusammenarbeit von Landwirtinnen und Landwirten mit Forschenden hat das Potenzial, dezentrale Baumwollzüchtungsinitiativen zu stärken – mit dem Ziel, gentechnikfreie Baumwollsorten zu entwickeln, welche die Anforderungen der Textilindustrie an die Faserqualität erfüllen."

Weiterführende Informationen

FiBL Kontakte

  • Amritbir Singh Riar, Stellvertretung der Leitung Departement für Internationale Zusammenarbeit, FiBL Schweiz
  • Franziska Hämmerli, Stellvertretung der Leitung Gruppe Projektkommunikation, FiBL Schweiz

Finanzierung

Partner

Links

Wissenschaftliche Literatur

  • Riar, A., Joshi, T., Messmer, M. 2021. Participatory On-Farm Breeding of Organic Cotton. www.fibl.org/en/shop-en/1185-participatory-cotton-breeding
  • Riar, A., Messmer, M. 2021. Participatory organic cotton breeding approach to achieve sustainable development goals. In: Abstract E-Book. International Conference on Breeding and seed sector innovation for organic food systems. 8-10 March 2021, Online from Latvia, p. 176. https://orgprints.org/id/eprint/43501/
  • Vonzun, S., Messmer, M., Boller, T., Shrivas, Y., Patil, S., Riar, A. 2019. "Extent of Bollworm and Sucking Pest Damage on Modern and Traditional Cotton Species and Potential for Breeding in Organic Cotton" Sustainability 11, no. 22: 6353. https://www.mdpi.com/2071-1050/11/22/6353