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Lebensmittelsysteme mit Nutztieren müssen nachhaltiger werden

Rinder auf einer Weide

Ob eine Viehhaltungsform innerhalb der Tragfähigkeit des lokalen Ökosystems liegt, kann durch einen neuen Ansatz in der Nachhaltigkeitsbewertung festgestellt werden, die vom FiBL entwickelt wird. (Foto: Pixabay, Karl Bustamante)

Rinder in einem Laufstall

Intensive Tierhaltung ist effizient und schneidet daher bei herkömmlichen Nachhaltigkeitsbewertungen oft gut ab. Was dabei nicht berücksichtigt wird: Intensive Haltungsformen können die Überdüngung lokaler Ökosysteme verursachen. Diesem Faktor sollen neue Messgrössen in der Nachhaltigkeitsbewertung Rechnung tragen. (Foto: pxfuel)

Das EU-Projekt PATHWAYS wird nachhaltige Lebensmittelsysteme entwickeln, um Europa dabei zu unterstützen, die Ziele des "Green Deal" zu erreichen. Ein FiBL-Team arbeitet im Rahmen dieses Projekts daran, die Nachhaltigkeitsbewertung in der Nutztierhaltung auf ein neues Level zu bringen.

Es ist keine leichte Aufgabe die Lebensmittelsysteme in Europa so umzugestalten, dass sie das Ziel des "EU Green Deal" erreichen, der Europa bis 2050 zum ersten kohlenstoffneutralen Kontinent machen soll. Weltweit verursacht die Landwirtschaft etwa ein Drittel aller Treibhausgase (THG). In Europa stammen fast 70 Prozent aller landwirtschaftlichen THG-Emissionen aus der Viehzucht. Daher müssen die Produktions- und Lieferketten radikal verändert werden, um nachhaltiger zu werden.

PATHWAYS, ein Forschungs- und Innovationsprojekt im Rahmen von Horizon 2020, wird einen Beitrag zur EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch" (From Farm to Fork) leisten, die im Mittelpunkt des "EU-Green-Deals" steht. PATHWAYS soll Übergangspfade entwerfen, die der gesellschaftlichen Nachfrage nach resilienten, sicheren, nahrhaften und erschwinglichen Lebensmitteln aus der Tierhaltung gerecht werden. Gleichzeitig sollen die Umweltauswirkungen verringert und die Nachhaltigkeit des europäischen Tierhaltungssektors gefördert werden. Innovative Praxiszentren und "Living Labs" des Projekts werden die Sektoren Milchwirtschaft, Schweinefleisch, Rindfleisch, Geflügel sowie Schaf- und Ziegenhaltung abdecken. Um dies in die Tat umzusetzen, hat das Projekt 9 Millionen Euro erhalten.

Neue Nachhaltigkeitsbewertung, die das Ökosystem berücksichtigt

Catherine Pfeifer, Nachhaltigkeitsexpertin am FiBL Schweiz, freut sich auf die Herausforderung, im Rahmen von PATHWAYS eine neue Art der Nachhaltigkeitsbewertung zu entwickeln: "Wir brauchen dringend neue Messgrössen, um die Auswirkungen der Tierhaltung zu beurteilen. Heute stützen wir uns auf effizienzbasierte Massstäbe. Diese berücksichtigen nur die Auswirkungen pro Kilogramm tierischer Produkte. Dadurch werden Bioprodukte im Allgemeinen schlechter bewertet als konventionelle."

Folgendes Beispiel veranschaulicht diese Problematik: Eine Kuh, die auf der Weide grast, ist weniger effizient und stösst mehr Treibhausgase pro Liter Milch aus als eine Hochleistungskuh, die mit Kraftfutter gefüttert wird. So ist die Hochleistungskuh zwar effizienter, doch wird übersehen, dass diese Hochleistungskuh möglicherweise in einem zu intensiven System gehalten wird, welches die Tragfähigkeit der lokalen Ökosysteme übersteigt. Das kann beispielsweise zu einer Nährstoffüberlastung von Böden und Gewässern führen. "Die Berücksichtigung der lokalen Tragfähigkeit der Ökosysteme muss daher künftig in die Nachhaltigkeitsbewertung der Tierhaltung einbezogen werden", sagt Catherine Pfeifer. "Wir entwickeln daher einen neuen Ansatz, um auf der Grundlage geografischer und klimatischer Daten zu bewerten, ob die Viehhaltung innerhalb der Tragfähigkeit des lokalen Ökosystems erfolgt. Diese zusätzlichen Messgrössen werden zu einer viel differenzierteren Debatte über die Rolle der Viehzucht in einem nachhaltigen Ernährungssystem beitragen."

Mit Hilfe eines mehrstufigen Nachhaltigkeitsbewertungsmodells trägt das FiBL-Projektteam zu einem besseren Verständnis der wichtigsten Leistungsindikatoren bei, darunter die Auswirkungen auf Produktivität, Biodiversität, Gesundheit und Wohlergehen, Treibhausgasemissionen, menschliche Ernährung, Handel und Wirtschaft sowie Ökosystemleistungen.

Mit gutem Beispiel voran gehen

Da Nachhaltigkeitsaspekte die Märkte für tierische Produkte in den kommenden Jahrzehnten beeinflussen könnten, wird PATHWAYS Politik und Industrie informieren, um eine zirkuläre Bioökonomie zu unterstützen, in der tierische Produkte eine Rolle in der zukünftigen Ernährung spielen. Eine interaktive Online-Plattform und ein politisches Toolkit werden benutzerfreundliche Instrumente für eine Reihe von Interessengruppen einschliesslich der Verbraucherinnen und Verbraucher bereitstellen. PATHWAYS wird die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas im Bereich des Klimaschutzes vorantreiben, indem es die Nachhaltigkeit seiner Produktions- und Wertschöpfungsketten verbessert, um andere Regionen in der Welt zu inspirieren.

Die Projektkoordinatoren der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften SLU, Harry Blokhuis und Laurence Smith, sind sich einig: "Es liegt auf der Hand, dass die Tierhaltung auf allen Ebenen umgestaltet werden muss, um die Grenzen unseres Planeten einzuhalten und gleichzeitig die Bedürfnisse der wachsenden Bevölkerung zu befriedigen. PATHWAYS wird diesen Übergang unterstützen, indem es bewährte Verfahren aufzeigt und intelligente Instrumente, Hebel und Messgrössen bereitstellt. Wir bringen führende Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Lebensmittelsystemforschung und -innovation zusammen, um zeitnahe und wirksame Empfehlungen für Politik und Praxis zu entwickeln."

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Kontakt

Catherine Pfeifer

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Über PATHWAYS

Das von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften (SLU) koordinierte Projekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren (2021 - 2026) und ist mit 9 Millionen Euro dotiert. Das FiBL ist an den Arbeitspaketen 3, 4, 5, und 6 beteiligt und leitet die Projekte 3.1, 4.1, 5.2, 6.2 und 6.3. An PATHWAYS sind insgesamt 28 Partner aus 12 Ländern beteiligt, darunter Universitäten, Forschungsinstitute, Nichtregierungsorganisationen, Think Tanks, KMU, Industrieverbände und multinationale Unternehmen, die die Akteure entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette mobilisieren.

Mit dem Ziel, die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern und gleichzeitig die gesellschaftliche Nachfrage nach sicheren, nahrhaften und erschwinglichen Fleisch- und Milchprodukten zu befriedigen, geht es bei PATHWAYS darum, nachhaltige Praktiken entlang der Liefer- und Produktionsketten des europäischen Viehsektors zu ermitteln und zu verbessern. Das Projekt trägt zur EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch" ("From Farm to Fork") bei, die im Mittelpunkt des "EU Green Deal" steht.