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Einsatz von Marienkäfern gegen die Mehlige Apfelblattlaus

Abstract

Regulierung von Blattläusen im Obstbau: Eignung von gezüchteten Nützlingen für die Massenfreilassung Blattläuse ein Problem mit verschiedenen Lösungsansätzen

Im Apfelanbau gehören Blattläuse, insbesondere die Mehlige Apfelblattlaus, neben dem Apfelwickler zu den gefährlichsten Schädlingen. Wird die Mehlige Apfelblattlaus nicht genau im Auge behalten, kann sie Blätter, Holz und Früchte erheblich schädigen. Um die Schäden in Grenzen zu halten, werden im biologischen Obstbau verschiedene Strategien kombiniert: blattlausanfällige Apfelsorten werden gemieden, zur Förderung der natürlichen Blattlausräuber werden in den  Anlagen blühende Wildkrautstreifen (Buntbrachen) angesät und ergänzend werden gezielte Applikationen mit biologischen Insektiziden durchgeführt. Neue Forschungsergebnisse des FiBL weisen darauf hin, dass in Zukunft, anstelle der Insektizide, gezüchtete Marienkäfer eingesetzt werden könnten.

Feldversuche zeigen: Marienkäferlarven können mit Bioinsektizid mithalten
Seit 1996 untersuchen wir am FiBL die Wirkung des Zweipunkt-Marienkäfers (Adalia bipunctata) gegen die Mehlige Apfelblattlaus im Freiland. Wir haben die Freilassungsversuche während zwei Zeitperioden durchgeführt: im Frühjahr, nachdem die Stammmütter aus den Wintereiern geschlüpft waren und im Herbst, als die Geschlechtstiere sich wieder auf dem Apfelbaum einfanden. In Versuchsanlagen am FiBL wollten wir folgende Fragen beantworten:

  1. eignen sich die Eier oder die Larven der Marienkäfer besser für die Freilassung,
  2. wie viele Marienkäfer je Blattlaus müssen freigelassen werden,
  3. haben die Ameisen einen Einfluss auf die Effizienz der Marienkäfer und
  4. wann müssen die Marienkäfer freigelassen werden.

Freilassungen im Frühjahr

Die Versuche zeigten klar, dass nur Larven für Freilassungen in Frage kommen; die Eier hingegen, konnten dem kalten und nassen Frühjahrsklima nicht trotzen. Im weiteren erzielten wir nur gute Wirkungen, wenn wir pro Blattlaus mindestens eine Marienkäferlarve freigelassen hatten. Die Wirksamkeit der Larven war aber in diesen Fällen vergleichbar mit jener des biologischen Insektizids «NeemAzal-T/S». Nicht ganz überraschend war auch der Befund, dass die Ameisen die Marienkäferlarven daran hinderten die Blattläuse zu fressen. Beobachtungen haben sogar gezeigt, dass die Larven von den Ameisen attackiert und getötet werden. Die Störung durch die Ameisen war aber im frühen Frühjahr geringer als bei Freilassungen nach der Blüte.

Freilassung im Herbst

Auch bei den Versuchen im Herbst (Oktober - November) zeigte sich, dass für Freilassungen im Herbst nur die Larven geeignet sind. Die Marienkäferlarven haben bei Freilassungen vor dem 15. Oktober (1998) die Blattläuse (Weibchen gebärende Blattläuse, Weibchen und Männchen) am effizientesten eindämmen könnenund so die Eiablage auf den Obstbäumen verhindern können. Je mehr Marienkäferlarven im Herbst freigelassen wurden, desto weniger Blattläuse beobachteten wir im darauffolgenden Frühling. Die Anzahl freizulassender Larven pro Blattlaus kann jedoch mit dieser Versuchsanordnung nicht direkt bestimmt werden. Das Vergleichsverfahren, eine Herbstapplikation des biologischen Insektizids "Pyrethrum HP" war noch wirksamer als die Freilassung von Marienkäferlarven.

Kommerzielle Zucht in Reichweite

Wenn sich die positiven Resultate der Freilassungen bestätigen und allenfalls optimieren lassen, müssen die Marienkäfer in bester Qualität, in genügender Menge und zu interessanten Preisen angeboten werden. Zur Zeit wird der Zweipunkt-Marienkäfer hauptsächlich mit Erbsen- oder Bohnenblattläusen gezüchtet. In der Schweiz ist der Firma Andermatt Biocontrol AG die Zucht auf Kunstmedium gelungen. Die Qualität der so gezüchteten Tiere muss aber noch überprüft werden und die praxistaugliche Applikationsform noch gefunden werden. In Europa sind noch weitere Firmen bestrebt, die Zucht der Zweipunkt-Marienkäfer voranzutreiben und insbesondere auch die integrierte Apfelproduktion in Belgien und Frankreich mit Marienkäfern zu beliefern. Dort machen sich Resistenzen gegen Insektizide so stark bemerkbar, dass die IP-Bauern selbst nach dieser Lösung fragen.

Welche Praxisrelevanz hat die Freilassung von Marienkäfern?

Die Regulierung von Schädlingen mit freigelassenen Nützlingen ist in Gewächshauskulturen vielerorts eine Standardmethode, die dank der kontrollierten Bedingungen optimal funktioniert. Im Freiland sind Massenfreilassungen von Nützlingen gegen Schädlinge hingegen die Ausnahme. Ein Grund dafür mag sein, dass Insektizide sehr billig und einfach zu handhaben sind und deshalb bis anhin kaum nach Alternativen geforscht wurde. Der Wille der Bioproduzenten die Pflanzenschutzbehandlungen möglichst zu minimieren aber auch die Probleme der IPProduzenten mit insektizidresistenten Blattläusen sind Motivation genug, die Freilassung der Marienkäfer gegen Blattläuse voranzutreiben. Noch muss die Zucht verbessert und billiger werden, noch fehlen präzise Angaben über den idealen Freilassungszeitpunkt und die Menge der freizulassenden Tiere. Mit einem EU-Projekt (CRAFT) sollen diese Fragen, gekoppelt mit einer Prognosemethode für die Mehlige Apfelblattlaus, geklärt werden (Projektdauer: 2002-2003).
Gelingt die Einführung dieser Methode in die Praxis, könnte der Marienkäfer zum Symbol des biologischen Pflanzenschutzes werden.

Projektpartner
  • ENFA Toulouse (France)
  • Andermatt Biocontrol AG, Grossdietwil (Switzerland)
FiBL Projektleitung/ Kontakt
  • Wyss Eric ()
(nicht verlinkte Personen sind ehemalige FiBL Mitarbeitende)
FiBL Projektnummer NN
Änderungsdatum 07.03.2024
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