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DIREKT AUS KOPENHAGEN: Schlechte Stimmung unter den NGOs

Viele der mehr als 25'000 im Vorfeld zugelassenen NGO-Delegierten bleiben aus Platzgründen von der Konferenz ausgeschlossen. Trotzdem erinnerten am Dienstag Vertreter der ökologischen Landwirtschaft an zwei Pressekonferenzen daran, die nachweisbar nachhaltige Landwirtschaft in den Klimaverhandlungen zu stärken. FiBL-Direktor Urs Niggli kommentiert.

Sieben Stunden in beissender Kälte für die Akkreditierung anstehen – ein neuer Tagesrekord am Dienstag, dem neunten Tag der Klimakonferenz COP15, realisiert von einem der nimmermüden IFOAM-Delegierten. Gegen Abend beschlossen die Organisatoren, überhaupt keine neuen Delegierten von NGOs mehr ins Bella-Konferenzzentrum reinzulassen.

Wie konnte ein solches Chaos passieren? Offensichtlich hat das Sekretariat der UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) in Bonn im Vorfeld der Tagung mehr als 25'000 Delegierte, welche weltweit von den NGOs gemeldet wurden, akzeptiert, wohl wissend, dass aus Sicherheitsgründen maximal 15'000 Delegierte ins Gebäude eingelassen werden können. Der Frust unter den Teilnehmenden und Ausgeschlossenen, welche sich alle sehr engagiert für ihre Anliegen einsetzen, ist riesengross. Viele sind um die halbe Welt gereist und sitzen nun in Kopenhagen fest. Zahlreiche Veranstaltungen, Diskussionen und Streitgespräche, welche im riesigen Bella-Zentrum hätten stattfinden sollen, werden nun kurzfristig ausgelagert und sonst wo in Kopenhagen durchgeführt. Am Donnerstag droht der praktische Ausschluss aller ausser 1000 NGO-Delegierten und am Freitag sollen die Hallen wegen den zahlreichen Staats- und Regierungschefs vollständig geschlossen werden. Die IFOAM kämpft zurzeit noch dafür, für ihre Sprecher an der am Donnerstagnachmittag geplanten Veranstaltung Eintrittspässe zu erhalten.

Die ökologische Landwirtschaft war am Dienstag an zwei Pressekonferenzen vertreten. Zuerst forderten Jim Harkness vom Institute for Agriculture and Trade Policy (U.S.) und Dale Wen vom International Forum on Globalization zusammen mit Urs Niggli von der IFOAM die Stärkung einer nachweisbar nachhaltigen Landwirtschaft in den Klimaverhandlungen. Dabei sollte das hohe Sequestrierungspotenzial (Rückbindung von Kohlenstoff) fruchtbarer landwirtschaftlicher Böden konsequent ausgeschöpft werden, zusammen mit einer stringenten Förderung der Biodiversität, der Landschaftsqualität und einem ganz strengen Umweltschutz. Die Empfehlungen des Weltagrarrates IAASTD, welche 2008 veröffentlicht wurden, sollten konsequent umgesetzt werden. Rein technokratischen Lösungen erteilten die Experten eine Abfuhr. Mehr Informationen siehe: http://www.iatp.org/climate/

In einer zweiten Pressekonferenz stellten der Vizepräsident der IFOAM, der australische Landwirt Andre Leu, Urs Niggli und der Klimakoordinator der IFOAM, Robert Jordan, die Potenziale des Ökolandbaus für die Sequestrierung von CO2 und die Anpassungsfähigkeit an stark veränderte Wetter- und Umweltbedingungen wie Trockenheit, Überschwemmungen, neue Schädlinge wegen der Erwärmung etc. im Detail vor. Dabei wurden sowohl Daten aus der wissenschaftlichen Forschung wie auch zahlreiche Beispiele von Biobäuerinnen und Biobauern aus vielen Teilen der Welt präsentiert.

Die Regierung von Neuseeland brachte bereits zu Beginn der Klimakonferenz die Idee einer globalen Forschungsallianz zu Klimawandel und Landwirtschaft auf. Dieser Vorschlag unter dem Titel „Joint Ministerial Statement on the Establishment of a Global Research Alliance on Agriculture Greenhouse Gases“ wird unterdessen von den Regierungen von Österreich, Chile, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Ghana, Irland, Japan, Malaysia, Neuseeland, Schweden, Schweiz, Uruguay, Grossbritannien, USA sowie von den Vereinigten Nationen unterstützt. Brasilien und Indien haben noch nicht definitiv zugesagt.

Die Forschungsallianz wurde am Mittwoch-Nachmittag den Medien präsentiert. Obwohl der Vorschlag sehr zu begrüssen ist, steht zu befürchten, dass eine verstärkte Forschungszusammenarbeit allenfalls die bescheidenen Ergebnisse der Konferenz etwas aufpolieren soll.

Aufgrund der Ziele für eine internationale Forschungsförderung kann man vermuten, dass die Initianten einen sehr technokratischen Ansatz verfolgen wollen. Die wichtigen Punkte wie Nachhaltigkeit, ganzheitliche Systemansätze, ein starker Einbezug der Landwirte in das Wissenssystem sowie eine deutliche Ausrichtung auf die Bedürfnisse und Sorgen der Kleinbauern, welche am stärksten vom Klimawandel betroffen sein werden, fehlen zurzeit. Hier muss noch gewaltig nachgebessert werden.

Urs Niggli, 16. Dezember 2009, 13:46 Uhr

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  • Urs Niggli, Direktor FiBL